Alltag auf Kur - Kapitel 9
- The Storyteller
- 8. Okt. 2021
- 2 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 14. Feb. 2024

SATURDAY NIGHT FEVER
Am Abend verschlägt es mich nach der Sauna wieder an die Bar. Es ist 20.45 Uhr und ich höre bereits am Weg dorthin Musik. Hey, toll, was für ein netter Ausklang des Tages. Ich biege um die Ecke zur Bar und meine Pupillen beginnen sich zu weiten.
Menschen und noch mehr Menschen säumen die geflieste Tanzfläche und sitzen, stehen oder lehnen an der Bar – an meiner Bar. Es steigt mir ein gemischter Geruch in die Nase, der eindeutig von den verschiedenen Parfums stammt. Ich steure zielstrebig das Ende der Theke an, wo ich eine schmale Lümmelfläche entdecke. Ich bestelle mein Bierchen. Aja!
Neben mir haben sich zwei Männer aufgepflanzt, schätze mal auch so zwischen 50 und 60 Jährchen. Dem einen steht der aufgestellte Kragen einfach super – sieht richtig megageil und total cool – aber trotzdem irgendwie peinlich aus. Der andere hält sein Bierglas so fest, als ob er Angst hätte, zum Tanzen aufgefordert zu werden. Kragen-Joe checkt selbstsicher die Lage und erklärt dem Bierhalter, welche Lady wohl wofür geeignet wäre.
Ich versuche, seinen Äußerungen etwas abzugewinnen, kann jedoch nur Frauen im fortgeschrittenen Alter entdecken, die zwar rausgeputzt – mehr oder weniger peinlich – aber trotzdem nur mehr zum Kuchenbacken geeignet sind.
Doch da, zwischen einer Ansammlung Gleichgeschlechtlicher, sitzen zwei less fifty an der Bar. Sie sprechen, und das nicht gerade leise, perfektes Obersteirisch und wissen anscheinend noch nicht so recht, welchem Brünftigen sie den nächsten Tanz schenken sollen. Ein Lachen, ein Schluck Prosecco oder Aperol Spritz – what else – die Haare mit der freien Hand nach hinten geworfen und weiter gebellt »Heijt is net amoi no hoas zum Toanzen.«
»Jo, jo«, stimmt die Meute ein.
Auf der Tanzfläche wird zu der – eigentlich guten kleinen Frau-Mann-Band – ein Schenkelwuzler nach dem anderen getanzt. Männer schwitzen, besonders die Baggerer, bei denen ja zusätzlich zur Bewegung auch noch der Angstschweiß auf der Stirn steht. Einem Typen, schon etwas beleibter, rutscht immer wieder die Hose runter. Aufgrund seines bisher getätigten Anlaufs und der möglichen Angst, bei einer anderen wieder von vorne anfangen zu müssen, denkt er gar nicht daran, sich seine Hosenträger vom Zimmer zu holen. Tja, die Lust is a Luada.
Der Kellner kommt mit dem Mixen der Cocktails fast nicht nach. Es ist interessant, wie Drinks entstehen. Ich wusste gar nicht, dass es in unserer Hemisphäre noch so viel Eis gibt – dachte, das gibt es nur mehr auf den Polen.
An der Schmalseite der Bar sitzen vier Frauen (ich versuche bewusst, die Bezeichnung Damen zu vermeiden), die sicher einen Vertrag mit ihrem Lipglosshersteller haben. Sie strahlen um die Wette und nuckeln am Strohhalm ihres Drinks. Ich habe ein ungutes Gefühl – sind die Blicke auf mich oder auf Kragen-Joe und den Bierhalter gerichtet?
Man weiß es nicht so genau. Joe jedenfalls denkt, dass sie ihm gehören, während Bierhalter sich nicht sicher ist. Als die Band »Damenwahl« in die Menge ruft, steht Gott sei Dank der Kellner neben mir, um einen weiteren Eisdrink zu produzieren. Ich drücke ihm die schon vorbereiteten Euros in die Hand, wünsche noch einen schönen Abend und begebe mich vorsichtig aus der Höhle des Löwen, darauf achtend, nicht auf den Speichelflecken auszurutschen.
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